Breisach
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Gedenkstein in Breisach

48.02906, 7.579298

Bei der Einweihung des Breisacher Vor-Ort-Steines auf dem „Platz des Denkmals für die Opfer des Krieges“ auf dem Münsterberg
Deportation

Die genaue Zahl der am 22. Oktober 1940 aus Breisach nach Gurs „Evakuierten“ ist nicht bekannt. Zwar nennt das amtliche „Verzeichnis der am 22. 10. 1940 aus Baden ausgewiesenen Juden“ 35 (34) Abgeschobene für Breisach, doch handelt es sich bei diesen lediglich um die Familienvorstände, so dass die Zahl der Deportierten aus Breisach deutlich höher gewesen sein muss. Die Nazis brachten Jüdinnen und Juden zuerst zum Freiburger Hauptbahnhof, um sie dann wieder zurück über die Breisacher Rheinbrücke ins Elsass zu fahren. Es war den Deportierten streng verboten, aus den Fenstern zu schauen, so dass sie vermutlich nicht einmal bemerkt haben, dass ihr Zug ihre Heimatstadt passierte. Zu den Überlebenden der Breisacher Deportierten zählte die 1926 geborene Gretel Levy. Sie wurde von Hilfsorganisationen in ein Heim der EIF in Mossiac gebracht. Später flüchtet sie nach England. Auch ihr Vater Berthold überlebte, die Mutter Julie verstarb Anfang 1942 im Lager Rivesaltes wohin die Familie im März 1941 verlegt worden war.

Jüdische Ortsgeschichte

Die Anfänge jüdischen Lebens in Breisach reichen in das 13. Jahrhundert zurück. Nach mehreren Vertreibungen im Mittelalter entwickelte sich ab Mitte des 15. Jahrhunderts eine jüdische Gemeinde, die bis 1940 Bestand hatte. Um 1839 erreichte diese mit 572 Personen ihre höchste Mitgliederzahl. Die meisten jüdischen Familien wohnten im Bereich der Rheintorstraße, der damaligen Judengasse. Beim heutigen Synagogenplatz befanden sich die um 1803/1804 erbaute Synagoge und der in der NS-Zeit abgeräumte „Alte Jüdische Friedhof“.

Am 10. November 1938 brannten SA-Männer aus Freiburg die Breisacher Synagoge nieder. Am gleichen Tag wurden etwa 60 jüdische Männer von Breisach in das bei München gelegene KZ Dachau verbracht und dort unter unmenschlichen Bedingungen für Wochen festgehalten. Nach der Einnahme des Elsass durch die deutsche Wehrmacht im Sommer 1940, sah die Stadt Breisach die Gelegenheit gekommen, ihre jüdischen Einwohner in das elsässische Rouffach abzuschieben, wo man diese in einer kriegsbedingt leerstehenden Irrenanstalt internierte. Erst auf Intervention höherer Stellen erlaubte man den Breisacher Jüdinnen und Juden, wieder nach Breisach zurückzukehren; allerdings nicht für lange, den bereits wenige Wochen später, am 22. Oktober 1940, wurden sie nach Gurs deportiert.

Zeugnisse jüdischen Lebens
Synagoge

Am Synagogenplatz erinnert ein Gedenkstein an die frühere Breisacher Synagoge.

Friedhof

Der 1850 angelegte „Neue jüdische Friedhof“ (bei der Isenbergstraße) wurde auch nach 1945 belegt.

Andere Zeugnisse

Das frühere jüdische Gemeindehaus „Blaue Haus“ beim Synagogenplatz (Rheintorstraße 3) ist heute eine Gedenk- und Begegnungsstätte: http://www.juedisches-leben-in-breisach.de.

Quellen
Groszman, Gabriel: Semi Uffenheimer, jüdische Familiengeschichten aus Breisach, Lörrach, Bühl, Graben in Baden und in Argentinien 1902-1981-2013, Konstanz 2013
Klein, Gebhard: Breisach im Dritten Reich, ein Versuch, Breisach 1995.
Blum, Hans David: Juden in Breisach. Von den Anfängen bis zur Schoah. 12.-19. Jahrhundert. Konstanz 1998