Zentral und dezentral - das „Ökumenische Jugendprojekt Mahnmal“
Das Jugendprojekt setzt an den insgesamt 138 badischen Deportationsorten an. In jeder dieser Gemeinden sollen Jugendgruppen oder Schulklassen sich mit der Deportationsgeschichte auseinandersetzen und zwei Memorialsteine gestalten. Einer der beiden Steine bleibt in der Gemeinde und erhält dort einen würdigen Standort, der andere wird Teil des Mahnmals in Neckarzimmern. Der Künstler Karl Vollmer aus Gondelsheim, der die Bodenskulptur - dem ‚statischen Teil“ – entworfen hat, verweist auf den Prozesscharakter des Projektes: „Der andere Teil - der dynamische - ist die Erinnerungsarbeit der Jugend in den Heimatgemeinden und die Anfertigung der Steine als Erinnerungszeichen.“ Die Jugendlichen sind in der Regel auf die Unterstützung von Erwachsenen angewiesen, die ihnen Kontakte zu Archiven, Gemeindeverwaltungen, Gedenkstätten usw. vermitteln. Kirchliche Jugendgruppen, Firm- und Konfirmandengruppen, Pfadfinderstämme aber auch Schulklassen beteiligen sich an diesem Projekt. Die dokumentarischen Ergebnisse der Gruppen sind beachtlich; manche organisieren Ausstellungen, andere entwerfen eine Homepage oder verfassen eine Broschüre zu den Schicksalen der Deportierten aus ihrer Gemeinde.
Das Mahnmal ist das Produkt von vielen Händen und Köpfen
Mehrere tausend Jugendliche und Erwachsene haben sich im Rahmen des „Ökumenischen Jugendprojektes Mahnmal“ mit der Deportation und ihrer Opfer auseinandergesetzt. Einen besonders wichtigen Beitrag dazu leisteten die zahllosen Zeitzeugenvorträge der Gursüberlebenden Hanna Meyer-Moses, Dr. Kurt Salomon Maier und Paul Niedermann. 20 Jahre nach der Initiierung des „Ökumenische Jugendprojekt“ sind die Ziele weitgehend erreicht. In den meisten Deportationsorten ist das Wissen über das Schicksal der am 22. Oktober 1940 deportierten badischen Jüdinnen und Juden bekannt. In über hundert badischen Gemeinden stehen heute die Gegenstücke der auf dem Mahnmal in Neckarzimmern verankerten Steine; oft sind sie der Ort, an dem die Gedenktage für die Opfer des Nationalsozialismus begangen werden. Oft dient der Vor-Ort-Stein als ein Ort des lokalen Gedenkens, z. B. am „Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus“ (27. Januar). Das Mahnmal hat Gestalt angenommen, zwanzig Jahre nach seiner Gründung sind dort aus fast allen Deportationsorten Steine versammelt. Es hat sich als zentraler Gedenkort für die verschleppten badischen Jüdinnen und Juden landesweit etabliert. Der 2016 gegründete „Förderverein Mahnmal“ unterstützt die kirchliche Gedenkarbeit mit Studienreisen nach Gurs, mit der Verbreitung von Informationen über das Judentum und mit der Herausgabe von Andachts- und Gottesdiensthilfen.
"kein versteinertes Gedenken"
Für die Historikerin Angela Borgstedt, Geschäftsführerin der Forschungsstelle Widerstand gegen den Nationalsozialismus im deutschen Südwesten an der Universität Mannheim, ist das Mahnmal „ein wichtiger Knotenpunkt lokalen Erinnerns“: „Neckarzimmern ist trotz seiner Randlage zum integralen Ort des Erinnerns in Baden geworden. Als interaktives Projekt ist es Denkmal und Lernort zugleich und versinnbildlicht nicht zuletzt die langwierige Annäherung an eine belastete Vergangenheit. Dies wird mit jedem lokalpolitischen Disput über den Standort der Memorialsteine erneut bewusst, die im wahrsten Sinne Steine des Anstoßes sind. Zudem repräsentieren sie die künstlerisch gestaltende Seite eines Projekts, das aber auch eine lokalhistorisch forschende Dimension hat. Es wird zugleich die jeweilige Verfolgungsgeschichte aufgearbeitet. Das Mahnmalprojekt Neckarzimmern ist eben alles andere als „versteinertes Gedenken‘.“