Sulzburg
113

Gedenkstein in Sulzburg

47.841256, 7.710239

Ehemalige Synagoge Sulzburg
Deportation

Laut dem vom amtlichen „Verzeichnis der am 22. 10. 1940 aus Baden ausgewiesenen Juden“ wurden am 22. Oktober 1940 27 Personen aus Sulzburg abgeholt und in das Lager Gurs verbracht. Eine Sulzburger Zeitzeugin schilderte der Jugendgruppe, wie die Deportation in ihrer Stadt verlaufen war: „Herr S. hat als Kind gesehen, wie die Hamster-Helen (das Helenle) und ihre Schwester Rosa zur Deportation abgeholt wurden. Ein Gemeindebediensteter stand auf der Straße und gab die Namen der Abzuholenden an. Das ‚Abholkommando‘ holte die genannten Menschen aus dem Haus. Da die Rosa sehr dick und unbeweglich war, konnte sie nur rückwärts die Treppe heruntergehen. Das ging den NS-Leuten zu langsam, mit der Peitsche trieben sie die alte Frau an. Auf die Frage der Kinder, was mit den Juden geschähe, bekamen sie die Antwort: ‚Die werden geduscht, weil sie so dreckig sind.‘“ Von den 27 Sulzburger Deportierten verstarben zwei in den Lagern Gurs und Noe, elf kamen in Auschwitz ums Leben, vier gelten als verschollen. Mehrere Sulzburger Deportierte hatten das Glück, dass sie noch 1941 vom Lager aus in die USA emigrieren konnten. Aus dem Lager wurde die 1927 geborene Marga Kahn geholt  und dann in Zusammenarbeit mehrerer Hilfsorganisationen in die Schweiz im Mai 1943 geschmuggelt. Ihre Eltern Elfriede und Leo Kahn warn am im August 1942 in Auschwitz ermordet worden. 1946 emigrierte Marga Kahn in die USA.

Jüdische Ortsgeschichte

Erstmals werden 1528 Juden in Sulzburg aktenkundig. Im 18. Jahrhundert entwickelte sich die baden-durlachsche Stadt zum Zentrum des jüdischen Lebens im Markgräflerland. Das Verhältnis zwischen jüdischer und christlicher Bevölkerung war nicht immer frei von Spannungen, mehrfach kam es in der Mitte des 19. Jahrhunderts zu antijüdischen Tumulten. Nach der Reichsgründung 1871 entspannte sich die Lage, Angehörige der israelitischen Gemeinde schlossen sich der Freiwilligen Feuerwehr und anderen örtlichen Vereinen an. 1864 machten die 416 Mitglieder der Gemeinde ein Drittel der Einwohnerschaft des Städtchens aus. Die jüdischen Familien lebten zunächst von Vieh- und Weinhandel, dann kamen Kolonial- und Manufakturwarengeschäfte, ein Wein- und Spirituosengeschäft, sowie eine Branntweinbrennerei hinzu.

1933 lebten noch 231 Jüdinnen und Juden in Sulzburg. Ihre Geschäfte hatten seit der Machtüberahme der Nationalsozialisten unter Boykott zu leiden, konnten sich aber zum Teil bis zum Novemberpogrom 1938 halten. Am 10. November 1938 wurden während alle jüdischen Wohn- und Geschäftshäuser Sulzburgs von den Nationalsozialisten demoliert, ebenso die jüdische Schule und die Synagoge, deren Inbrandtsetzung gerade noch verhindert werden konnte. Ein Teil der Täter waren Westwallarbeiter, die man mit Omnibussen nach Sulzburg gefahren hatte. Auf dem jüdischen Friedhof stürzten Mitglieder des Reichsarbeitsdienstes Grabsteine um. Sämtliche jüdischen Männer Sulzburgs wurden am Pogromtag verhaftet und gezwungen, zu Fuß in das Müllheimer Gefängnis zu marschieren, von wo sie dann nach Dachau verbracht wurden und erst Wochen später wieder zurückkehren durften.

Die Homepage des Freundeskreis der ehemaligen Synagoge Sulzburg e. V. informiert über die Geschichte der Sulzburger Juden: http://www.juden-in-sulzburg.de

Zeugnisse jüdischen Lebens
Synagoge

In der Gustav-Weil-Straße steht die ehemalige Synagoge von Sulzburg. Sie dient heute als Gedenkstätte: https://www.sulzburg.de.

Friedhof

Der jüdische Friedhof an der Badstraße im Sulzbachtal wurde im 16. Jahrhundert gegründet

Quellen
Initiative Jüdische Spuren (Hg.): Jüdische Spuren in Sulzburg, 3 Bde., 2011, 2013, 2015
Freundeskreis ehem. Synagoge Sulzburg (Hg.): Jüdisches Leben in Sulzburg 1900 – 1940. Eine Materialsammlung, Sulzburg 2005
Geschichte der Stadt Sulzburg", Bd. 3, Freiburg i. Brg. 2005, S. 163 -368