Schmieheim (Kippenheim)
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Gedenkstein in Schmieheim

48.279575, 7.857529

Deportation

Das Pogrom im November 1938 beschleunigte die Auswanderung, so dass am 22. Oktober 1940 nur noch zwanzig Jüdinnen und Juden in Schmieheim lebten. Vier blieben krankheitsbedingt zurück, die anderen wurden nach Gurs deportiert. Der 83jährige Gustav Offenheimer verstarb dort wenige Tage nach seiner Ankunft. Neun der Schmieheimer Deportierten wurden im Sommer 1942 von Gurs aus nach Auschwitz verschleppt und dort ermordet. Nur Adolf Schnurmann und Jeanette Schwab überlebten die Zeit der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft. Über das Schicksal von Rebekka Wachenheimer ist nichts bekannt.

Jüdische Ortsgeschichte

Als der am südlichen Ortsrand Schmieheimes gelegene jüdische Friedhof 1682 von der jüdischen Gemeinde Ettenheims gegründet wurde, existierte noch keine jüdische Gemeinde in dem reichsritterschaftlichen Dorf Schmieheim. Nachdem eine solche sich um 1720 formierte, übernahm diese auch bald die Aufsicht über den Friedhof, was ihr erlaubte den Titel „Heilige Gemeinde“ zu führen. Die zentrale Rolle Schmieheims für die jüdischen Gemeinden in der südlichen Ortenau, wurde durch die Einrichtung eines ab der Mitte des 18. Jahrhunderts fassbarem Rabbinatsgericht in Schmieheim bestätigt. Im 19. Jahrhundert war die Schmieheimer Gemeinde die größte der Region; ihre höchste Mitgliederzahl erreichte sie um 1864 mit 580 Personen (knapp 50% der Einwohnerschaft). Noch 1933 existierten im Ort fünf Pferdehandlungen, vier Viehhandlungen, drei Manufakturwarengeschäfte, zwei Kolonialwarengeschäfte, zwei Zigarrengeschäfte, eine Zigarrenfabrik mit Zigarrengroßhandel, eine Likörfabrik, eine Drahtgeflecht- und Siebfabrik sowie eine Mazzenbäckerei, eine weitere Bäckerei und eine jüdische Gastwirtschaft.

Während des Novemberpogroms 1938 waren Angehörige der Lahrer HJ-Gebietsführerschule in die Synagoge eingedrungen. Sie rissen die Kristallleuchter von der Decke, zerschlugen die Fenster und verwüsteten den Betsaal und andere Räume im Synagogengebäude. Die jüdischen Männer mussten zum sieben Kilometer entfernten Bahnhof Lahr-Dinglingen marschieren, wo ein Zug wartete, um sie und die anderen Ortenauer Juden in das Konzentrationslager Dachau zu bringen. Erst nach sechs Wochen wurden sie entlassen. Leopold Schnurmann erlag einen Tag nach seiner Rückkehr an den Folgen der im Lager erlittenen Misshandlungen.

Zeugnisse jüdischen Lebens
Synagoge

Der „Bernheim-Brunnen“ in der Schmieheimer Dorfstraße erinnert an den 1848 in Schmieheim geborenen und später in die USA ausgewanderten Gönner der Gemeinde Issak Wolf Bernheim.

Friedhof

Der jüdische Verbandfriedhof mit seinen etwa 2600 Gräbern liegt an der Straße von Schmieheim nach Wallburg. Führungen über den jüdischen Friedhof bietet der Förderverein Ehemalige Synagoge Kippenheim e. V. (www.ehemalige-synagoge-kippenheim).

Andere Zeugnisse

Der evangelische Kindergarten Schmieheims trägt den Namen von Hanna Baumann (1935-1941 ermordet), des letzten in Schmieheim geborenes jüdisches Kindes.

Quellen
Bar-Giora Bamberger, Naftali: Der jüdische Friedhof Schmieheim, Memor-Buch, 2 Bde, Kippenheim 1999
Baumann, Ulrich/Schulze, Costas: Die Geschichte der jüdischen Gemeinde Schmieheim, in: Historischer Verein für Mittelbaden / Mitgliedergruppe Ettenheim 1997, S. 369-397
Rottenecker, Bernd: Schmieheim, in: Jüdisches Leben in der Ortenau 2018, 157-164