Philippsburg
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Gedenkstein in Philippsburg

49.236431, 8.458042

Deportation

Aus Philippsburg wurden am 22. Oktober 1940 21 Jüdinnen und Juden nach Gurs deportiert. Viele Jahre später erinnert sich der 1930 geborene Manfred Wildmann an seine Abholung: „Am 22. Oktober 1940, um 8 Uhr morgens, bekamen wir die Aufforderung, uns in einer Stunde auf dem Adolf-Hitler-Platz einzufinden. 50 Kilogramm Gepäck durften wir mitnehmen. […] „Um 9 Uhr fuhr ein Lastwagen vor, der uns, 21 Philippsburger Juden, ins Camp de Gurs abtransportierte. Um uns herum standen Leute und schauten ganz interessiert der Deportation durch die Gestapo zu. Eine einzige Frau aus der Menge wagte es, zum Abschied meine arme Mutter in den Arm zu nehmen“. Manfred Wildmann wurde zusammen mit seinen Eltern Rebecca und Heinrich Wildmann und seinen Geschwistern Hugo (geb. 1924), Hannelore (geb. 1925) und Margot (geb. 1922) abgeholt. Während seine Eltern und sein Bruder Hugo nach Auschwitz verschleppt werden, konnten er und seine beiden Schwestern mit Hilfe von Hilfsorganisationen aus dem Lager gebracht und so dem Zugriff der französischen Polizei und der deutschen Wehrmacht entzogen werden. 1947 wanderte er nach Amerika aus. Die überlebenden Geschwister Wildmann emigrierten 1947 in die USA. Außer den Geschwister Wildmann berlebten nur drei weitere Philippsburger Deportierte die Zeit der Verfolgung, sechs verstarben in Gurs oder in einem anderen französischen Lager, neun wurden ab August 1942 von den Nationalsozialisten nach Auschwitz deportiert und vermutlich dort ermordet.

Jüdische Ortsgeschichte

Im Jahr 1648 wohnte in der zum Speyerischen Hochstift gehörenden Stadt Philippsburg ein Jude im Bereich der späteren „Judengasse“. 1720 umfasste die jüdische Gemeinde Philippsburgs bereits 20 Familien. Um 1850 richtete sie sich einen Betsaal in einem gemeindeeigenen Gebäude ein. 1889 wurde ihr Friedhof eingeweiht. Mehrere jüdische Händler befassten sich mit dem Vertrieb von Landesprodukten. Karl Löb II besaß eine Druckerei mit angeschlossenem Verlag. Allgemein wird für die Zeit vor 1933 von einem guten Verhältnis zwischen der jüdischen und der christlichen Bevölkerung Philippsburgs berichtet. So feierte Moritz Neuburger, der Kantor der jüdischen Gemeinde, sein 40. Amtsjubiläum unter großer Beteiligung der Bevölkerung und der Behörden. 1954 kehrte er zurück nach Philippsburg, wo er noch im gleichen Jahr verstarb. Moritz Neuburger ruht auf dem jüdischen Friedhof von Philippsburg.

Die antisemitische Propaganda der Nationalsozialisten vermochte nur langsam einen Keil zwischen die jüdischen und christlichen Bürger zu treiben, allerdings kam es in der Zeit des Nationalsozialismus mehrfach zu Schändungen des jüdischen Friedhofes. Während des Novemberpogroms 1938 zerstörten SA-Männer das Gebäude in dem der Betsaal untergebracht war.

Zeugnisse jüdischen Lebens
Gedenksteine

Am Standort des jüdischen Betsaales (Ecke Weißetorstraße / Alte Kirchstraße) erinnert eine Tafel an die frühere israelitische Gemeinde Philippsburgs.

Friedhof

Auf dem Friedhof der jüdischen Gemeinde im Huttenheimer Wald stehen 47 Grabsteine.

Quellen
Odenwald, Konrad: Das Schicksal der jüdischen Synagogengemeinde Philippsburg, in: Heimatbuch Philippsburg, (o. J.), S. 194-204
Stude, Jürgen: Geschichte der Juden im Landkreis Karlsruhe, Karlsruhe 1990, Ortsartikel Philippsburg, S. 377-380
Wildmann, Manfred / Wiehn, Roy (Hg.): Und flehentlich gesegnet - Briefe der Familie Wildmann aus Rivesaltes und Perpignan. Jüdische Schicksale aus Philippsburg 1941 - 1943, Konstanz 1997