Die Deportation
Die Gedenkstätte
Das Projekt
Der Förderverein

Nordrach
71

Landkreis
Ortenaukreis
Standort
Der Nordracher Vor-Ort-Stein steht an der Zufahrt zu der ehemaligen jüdischen Rothschild’schen Lungenheilanstalt.
Gestalter:innen
Die Nordracher Gedenksteine wurden 2007 von den Ministranntinen und Ministranten der katholischen Gemeinde Nordrach erstellt, unterstützt von Pastoralreferent Robert Roth.
Aufgestellt

Der in Nordrach aufgestellte Vor-Ort-Stein hat die Form eines Findlings. Wie diese stammt auch der zweite für Neckarzimmern bestimmte und deutlich kleinere Gedenkstein aus dem Nordracher Gemeindewald. Beide Steine tragen die Inschrift: „Nordrach gedenkt der deportierten Jüdinnen und Juden der Rothschild’schen Lungenheilanstalt in Nordrach 1940/1943.“ Die Jahreszahl 1943 erinnert an das Jahr der Abholung der letzten Patientinnen der Lungenheilanstalt zu einem unbekannten Ziel.

Die Jugendlichen erfuhren von vielen Seiten Unterstützung: So recherchierten Mitglieder des Historischen Vereins den geschichtlichen Hintergrund, die Trachtenkappelle umrahmte musikalisch die Einweihung des Gedenksteines vor Ort, der Bauhof holte die Sandsteinfindlinge aus dem Nordracher Gemeindewald.

Gedenkstein in Nordrach

48.39973, 8.082397

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Die Ministranntinen und Ministranten der katholischen Gemeinde Nordrach bei der Planung ihrer Gedenksteine mit Werner Keller und Dr. Dieter Petri.
Deportation

Am 22. Oktober 1940 holten die Nationalsozialisten nur den aus Hamburg stammende Martin Mayer Wehl, der Bruder des Chefarztes Nehemia Wehl - obwohl dieser sich nur vorübergehend in Nordrach aufhielt und nicht aus Baden stammte. Die 26 Patientinnen des Sanatoriums waren von den Behörden als nicht transportfähig deklariert, vermutlich aus Angst, sich anzustecken. Martin Mayer Wehl wurde im Sommer 1942 vom Lager Gurs aus über das Sammellager Drancy nach Auschwitz verschleppt und vermutlich sofort ermordet

Jüdische Ortsgeschichte

Das 1905 eingerichtete Sanatorium für jüdische weibliche Lungenkranke (M. A. von Rothschildsche Lungenheilanstalt) wurde nach dem Willen der Stifterin Baronin Adelheid de Rothschild (1853-1935) orthodox geführt. Planungen der „Reichsvereinigung der Juden“ nach 1940 auch Männer in der Heilanstalt aufzunehmen, begegnete der Nordracher Bürgermeister mit der Drohung, diese kurzerhand schließen zu lassen. Schließlich wurden auch die letzten noch in Nordrach lebenden 18 Patientinnen und acht Klinikmitarbeiter am 29. September 1942 von SS-Männern abgeholt. Wohin man sie brachte, ist nicht bekannt, es ist aber davon auszugehen, dass sie in einem der Todeslager in Osteuropa ums Leben kamen.

Mindestens 56 der zwischen 1933 und 1943 in der Rothschildschen Klinik lebenden 116 Patientinnen und Angestellten sind von den Nationalsozialisten ermordet worden. Nach 1942 richtete der nationalsozialistische Verein „Lebensborn e.V.“ in der ehemaligen Lungenheilanstalt ein SS-Mütterheim für schwangere Frauen ein.

Zeugnisse jüdischen Lebens
Gedenksteine

Eine Tafel im Eingang des ehemaligen Rothschildschen Sanatoriums erinnert an ihre Stifterin Baronin Adelheid de Rothschild.

Friedhof

Der 1907 gegründete Friedhof des Rothschildschen Sanatoriums liegt im Nordracher Ortsteil Untertal.

Quellen
Neumaier, Dorothee; Lebensbornheim Schwarzwald in Nordrach, Baden-Baden, 2017
Petri, Dieter: Nordrach, in: Jüdisches Leben in der Ortenau 2018, S. 138-140
Schellinger, Uwe: Deportiert aus Nordrach: das Schicksal der letzten jüdischen Patientinnen und Angestellten des Rothschild-Sanatoriums, Zell am Harmersbach (2009)
Schellinger, Uwe / Hoferer, Egbert / Oswald, Rolf: Der jüdische Friedhof in Nordrach : Geschichte - Dokumentation – Erinnerung, Zell am Harmersbach 2012