Kehl
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Gedenkstein in Kehl

48.5788725, 7.8160821

Deportation

Am 22. Oktober 1940 wurden die 22 noch in Kehl lebenden Jüdinnen und Juden nach Gurs verschleppt. Rosa Dreifuss ist im Alter von 64 Jahre am 20. Dezember 1940 im Lager Gurs verstorben, auf dem Lagerfriedhof von Gurs liegt auch die im Alter von 82 Jahren am 24. August 1941verstorbene Rosa Bensinger. Emmy Marx und Emil Dreifuss wurden 1943 in ein französisches Hospiz verbracht, bald darauf sind sie dort verstorben. Mindestens neun Kehler Deportierte wurden von Gurs über das Sammellager Drancy nach Auschwitz verschleppt und dort ermordet. Zu ihnen gehörten auch die Familien von Irma und Friedrich Hellmann mit ihrem Sohn Alfred Hellmann. Der 1931 geborene Junge konnte 1942 mit einem Kindertransport der Quäker in die USA verbracht werden.[1] Außer ihm überlebten drei weitere Kehler Deportierte die Zeit der Verfolgung.

Jüdische Ortsgeschichte

Die Stadt Kehl war bis 1862 für jüdische Zuzugswillige verschlossen. Angangs zogen nur zögerlich jüdische Familien in die Grenzstadt, die meisten aus den „Judendörfern“ das Hanauerlands. Erst 1882 bildete sich eine Synagogengemeinde Kehl. 1889 weihte die jüngste Gemeinde der Ortenau ihre Synagoge ein (Ecke Schul-/ Kasernenstraße). Ihre höchste Mitgliederzahl erreichte sie 1905 mit 153 Personen (ca. 2 % der Einwohnerschaft Kehls).

Der jüdische Arzt Dr. Karl Rosenthal (1944 in Auschwitz ermordet) konnte bis 1938 seine Praxis betreiben. Der reichsweite Aufruf zum Boykott der jüdischen Geschäfte am 1. April 1933 wurde in Kehl massiv befolgt und „Boykottbrecher“ öffentlich angeprangert. Vor allen jüdischen Geschäften postierten SA-Männer. Vor dem Herrenbekleidungshaus Julius Durlacher hielten sie ein Schild hoch „Kauft nicht bei Jude! Boykottiert sie!“ Durlacher wurde zudem in Schutzhaft genommen und erst nach acht Tagen wieder frei gelassen. Wenige Tage nach dem Boykott schloss der Stadtrat auf Antrag der NSDAP jüdische Firmen als Lieferanten städtischer Institutionen aus. Am Nachmittag des 10. Novembers 1938 drangen SS- und Gestapo-Männer in die Kehler Synagoge ein und zerstörten die rituellen Gegenstände. Danach erwarb die Stadt Kehl das Synagogengebäude für 3.300 RM und ließ es abreißen.

Zeugnisse jüdischen Lebens
Gedenksteine

Neben der ehemaligen Stadthalle, in deren Keller die jüdischen Männer am 10. November 1938 misshandelt wurden, steht eine Gedenk-Stele des Künstlers Jörg Bölling.

Friedhof

Die 1924 eingerichtete jüdische Begräbnisstätte ist Teil des kommunalen Friedhofs von Kehl.

Quellen
Petri, Dieter : Ortsartikel Kehl, in; Jüdisches Leben in der Ortenau, 2018 Bühl, S. 112-115
Rosenthal, Nicola: Hagada des 20. Jahrhunderts. Ein Vermächtnis, Kehl 2000, S. 137-182
Peter, Friedrich: Das Schicksal der Juden in Kehl und im Hanauerland unter der Herrschaft der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Dokumentation. Aktualität und Bedeutung. Unterrichtsmodelle, Rheinau, o.J., (1990)