Freudenberg
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Gedenkstein in Freudenberg

49.741927, 9.323238

Bei der Einweihung des Freudenberger Vor-Ort-Steines 2012 an der Stadtmauer am Ende der Zollgasse
Deportation

Zeitzeugen erinnern sich an die wüsten Worte, mit denen die Gendarmen die noch sechs in Freudenberg lebenden Jüdinnen und Juden beschimpften, als sie sie am 22. Oktober 1940 verhafteten und zu einem Lastwagen führten. Der Lastwagen fuhr sie zum Heidelberg Hauptbahnhof, wo ein Sonderzug wartete. Das Ehepaar Benno und Emilie Levy traf ihre Kinder Susanne/Sidda (1927) und Emil (*1930) als diese in Karlsruhe zustiegen, wo sie die jüdische Schule besucht hatten. Im Sommer 1942 wurde Hedwig Sommer über das Sammellager Drancy nach Auschwitz verbracht und dort ermordet. Im ersten Jahr der Internierung waren ihr Mann Josef und ihr Sohn Max im Lager Récébédou verstorben. Das Ehepaar Levy wurde von den Nationalsozialisten im Sommer 1942 nach Auschwitz verschleppt. Um sie zu retten, übergaben sie ihre Kinder Susanne/Sidda und Emil der jüdischen Hilfsorganisation OSE, die diese in Sicherheit brachte.

Jüdische Ortsgeschichte

Im Verlauf des Mittelalters wurden Juden in der Stadt Freudenberg mehrfach aktenkundig. Die im 16. Jahrhundert entstandene neuzeitliche Gemeinde umfasste nur wenige Familien, ihre höchste Mitgliederzahl erreichte sie 1864 mit 81 Personen. 1891 ließ sie ihre alte Synagoge durch einen Neubau mit Betsaal, Lehrerwohnung und Mikwe ersetzen. Schnell stellte sich heraus, dass der Neubau eine Fehlentscheidung war, „da wegen der Auswanderung die zum jüdischen Gottesdienst erforderliche Zahl von Männern (Minjan) nicht mehr vorhanden ist“. Während des Novemberpogroms, am 10. November 1938, drangen SA-Männer aus Wertheim und aus Freudenberg in den Betsaal ein. Die von ihnen auf die Straße geworfenen Torarollen und synagogalen Ritualgegenstände fuhren Gemeindebeamte zum Freudenberger Schuttplatz.

Von den zwischen 1933 und 1940 in Freudenberg wohnhaften 15 jüdischen Personen kamen 13 in der Zeit des Nationalsozialismus ums Leben. Ihre Namen stehen auf einer Gedenktafeln auf der Freudenberger Stadtmauer.

Zeugnisse jüdischen Lebens
Gedenksteine

Eine Gedenktafel an der Stadtmauer am Ende der Zollgasse nennt die Namen aller Freudenberger Opfer des Nationalsozialismus.

Synagoge

Das Synagogengebäude ist bis heute erhalten (Ecke Maingasse/Hauptstraße 139).
 

Andere Zeugnisse

Die Freudenberger Friedhofskapelle St. Laurentius birgt eindrucksvollen Wandmalereien aus dem hohen Mittelalter. Eines der Bilder auf der Südseite der ehemaligen Stadtkirche Freudenbergs stammt von dem sogenannten Urpharer Meister (Ende 13. Jahrhunderts. Es zeigt Jesu an der Geißelsäule der von zwei Männer mit Judenhüten gepeinigt wird.

Quellen
Maier, Joachim: Die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft aus Freudenberg am Main. Ein Gedenkbuch, Freudenberg am Main 2014
Lauf, Helmuth: Das Schicksal jüdischer Gemeinden im Main-Spessart-Tauber-Gebiet. in: Zeitschrift „Spessart“, 11 (1992)
Lauf, Helmuth: Bausteine lebendigen Glaubens. Zur 300jährigen Weihewiederkehr der alten Freudenberger Stadtpfarrkirche St. Laurentius, Freudenberg 1997