Bad Rappenau
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Gedenkstein in Bad Rappenau

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Jüdische Ortsgeschichte

Im ehemals reichsritterschaftlichen Ort Rappenau ließen sich ab dem 16. Jahrhundert jüdischen Familien nieder. 1802 lebten fünf jüdische Familien am Ort. Sie wohnten im sogenannten „Judenhof" (Am Schafgarten/Fasanenstraße), wo auch das erste Bethaus der jüdischen Gemeinde stand. 1843 weihte diese eine neue Synagoge ein (Am Schafgarten). Ihre höchste Zahl erreichte sie um 1875 mit 81 Mitgliedern (6 % der Einwohnerschaft). 1881 gründete sie eine eigene Begräbnisstätte, davor hatte bestattete sie ihre Toten auf den jüdischen Verbandsfriedhof in Heinsheim. Die jüdischen Familien lebten vor allem vom Handel mit Vieh und Waren. Der zunehmenden Zahl von jüdischen Badegästen begegnete Julius Hirsch 1875 mit der Eröffnung eines koscheren Gasthauses mit dem Namen „Zum Hirsch".

Um 1933 existierten in Rappenau noch zwei jüdische Viehhandlungen und ein jüdisches Textilwarengeschäft. Während des Novemberpogroms 1938 drang ein SA-Mann bei der Familie Metzger ein, warf der 74jährigen Mina Metzger das Portrait ihres gefallenen Sohnes Hermann vor die Füße und trampelte auf diesem herum. Auch der Textilhandel von Mina Traub war Ziel der antisemitischen Zerstörungswut: SA-Männer zertrümmerten das Schaufenster und entwendeten Stoffrollen und Textilien. Als eine Rappenauer Christin von diesem Übergriff hörte, eilte sie zum Pfarrhaus, um dort ihre Empörung kundzutun. Die Pfarrfrau, die ihr die Tür öffnete, versuchte sie zu beruhigen: „Wenn der Führer das wüsste, dann würde er dem bestimmt Einhalt gebieten.

Die Ehepaare Josef und Mina Metzger und Simon und Mina Traub sowie die alleinstehende Sara Adler wurden am 22. Oktober 1940 von den Nationalsozialisten abgeholt, ohne dass man dies im Ort bemerkte. Ein Zeitzeuge aus Bad Rappenau meinte: „Plötzlich waren die alten Leute verschwunden.“ Nur Mina Traub überlebte; 1941 war sie von Gurs aus zu ihrem in den New York lebenden Sohn ausgewandert, dort ist sie 1952 verstorben.

Zeugnisse jüdischen Lebens
Friedhof

Im jüdischen Friedhof in der Siegelsbacher Straße liegen 50 Grabplatten, fünf der dort Bestatteten sind nichtjüdischer Herkunft (vermutlich Gräber von Kindern russischer Zwangsarbeiter).

Quellen
Künzel, Emil: Juden in Bad Rappenau, in: Bad Rappenauer Heimatbote 10 (1998), S. 79-84
Angerbauer, Wolfram / Frank, Hans Georg: Jüdische Gemeinden in Kreis und Stadt Heilbronn, Heilbronn 1986, S. 27-31